
Bundeseinheitliche Trinkgeldpauschale: Was das neue Gesetz für Gastronomie, Beschäftigte und Betriebe bedeutet
Kurzfassung: Die Bundesregierung/der Nationalrat hat eine bundeseinheitliche Regelung zur Sozialversicherungs-Trinkgeldpauschale beschlossen: gestaffelte Pauschalen für Beschäftigte mit und ohne Inkasso (z. B. Zahlkellner vs. Service ohne Kassa), Stufenanhebung 2026–2028, Steuerfreiheit des Trinkgelds bleibt erhalten, und es sind Regelungen zur Rechtssicherheit/Amnestie gegen Nachforderungen geplant. Die wichtigsten Eckdaten und die praktische Bedeutung für Betriebe und Beschäftigte fasst dieser Beitrag zusammen.
1) Was genau ist beschlossen worden?
Kurz: Es gibt jetzt ein bundesweit einheitliches Pauschalmodell für die Sozialversicherungs-Behandlung von Trinkgeldern im Hotel- und Gastgewerbe. Die wichtigsten Zahlen und Mechanik:
- Pauschalen (Hotel/Gastgewerbe, Beispiel Service):
- 2026: 65 € pro Monat (für Beschäftigte mit Inkasso), 45 € (ohne Inkasso).
- 2027: 85 € (mit Inkasso), 45 € (ohne Inkasso).
- 2028: 100 € (mit Inkasso), 50 € (ohne Inkasso).
Ab 2029 ist eine jährliche Valorisierung (Indexanpassung) vorgesehen.
- Steuerstatus: Trinkgeld bleibt grundsätzlich steuerfrei — die Pauschale bezieht sich auf die sozialversicherungsrechtliche Behandlung (SV-Bemessung), nicht auf die Einkommensteuerfreiheit des Trinkgelds.
- Rechtssicherheit / Amnestie: In Verbindung mit der Neuregelung wurden Maßnahmen angekündigt, die laufende Nachforderungs-Verfahren seitens der Sozialversicherung reduzieren bzw. abfedern sollen (z. B. Generalamnestie bzw. klare Übergangsregeln für bereits laufende Prüfungen). Das Ziel ist, Betriebe vor überraschenden Nachzahlungen zu schützen.
2) Warum wurde das notwendig?
Bislang waren die Pauschalen und Auslegungen regional unterschiedlich — je nach Bundesland existierten verschiedene Pauschalbeträge und unterschiedliche Praxis bei Prüfungen durch die Sozialversicherung. Das führte zu Unsicherheit für Betriebe (Nachforderungen, unterschiedliche Behandlung) und zu erheblicher Bürokratie. Die einheitliche Pauschale soll diese Probleme beheben: mehr Rechtssicherheit, weniger Verwaltungsaufwand, und klarere Regeln für Beschäftigte.
3) Wer profitiert — und wer zahlt eventuell drauf?
Beschäftigte:
- Positiv: Mehr Transparenz und rechtlich saubere Grundlage; die Pauschale erhöht in vielen Fällen die beitragsrechtliche Berücksichtigung von Trinkgeld, was langfristig (z. B. bei Pensionen) Vorteile bringen kann. Gewerkschaften sehen die Anhebung deshalb überwiegend positiv, weil realistischere Werte abgebildet werden.
- Negativ / neutral: Kurzfristig steigen dadurch die nominalen Sozialversicherungsabgaben (ein paar Euro pro Monat), je nach Lohnhöhe und Situation wirkt das aber netto oft nur gering — die Steuerentlastung durch geringere Lohnsteuer kann das teilweise ausgleichen.
Betriebe / Arbeitgeber:
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- Positiv: Bessere Planbarkeit, kein Flickenteppich mehr zwischen Bundesländern, geringeres Risiko von Nachforderungen und Betriebsprüfungen (wenn Amnestie/Übergangsregel korrekt umgesetzt werden).
- Aufwand: Bei Einführung sind interne Abrechnungsprozesse anzupassen; Kassen- und Lohnverarbeitung muss die neuen Pauschalen berücksichtigen.
4) Häufige Fragen (FAQ)
Wann tritt die Regelung in Kraft?
Die Stufen beginnen mit 1. Jänner 2026 (für die 65/45-€-Stufe) und laufen bis 2028; ab 2029 ist jährliche Valorisierung geplant.
Gilt die Pauschale automatisch oder muss ein Betrieb sie beantragen?
Die Pauschale ist eine gesetzliche/verwaltungstechnische Festlegung — in der Praxis tragen Arbeitgeber die Pauschale in der Lohnabrechnung ein. Für genaue Verfahrensfragen (Meldeweg, Abwicklung bei Betriebsprüfungen, Dokumentationspflichten) sollten Betriebe die Lohnverrechnung oder die Wirtschaftskammer konsultieren.
Was passiert, wenn tatsächliches Trinkgeld höher oder niedriger ist als die Pauschale?
Laut den Verlautbarungen dienen die Pauschalen als Obergrenzen: Wer regelmäßig weniger Trinkgeld bekommt, kann einen geringeren Betrag ansetzen; ist das Trinkgeld höher, sollen keine zusätzlichen Abgaben über die Pauschale hinaus fällig werden (Rechtssicherheit für höhere reale Trinkgeldeinnahmen).
Wie wirkt sich das auf Pensionsansprüche aus?
Weil Sozialversicherungsbeiträge beitragsbezogene Ansprüche (z. B. Pensionsansprüche) beeinflussen, kann eine höhere Pauschale mittelfristig zu leicht höheren Ansprüchen führen. Gewerkschaften betonen diesen positiven Effekt.
5) Stimmen aus Branche & Politik (Kurzüberblick)
- Gewerkschaften (z. B. vida, ÖGB): Begrüßen die Vereinheitlichung und höhere Pauschalen als Schritte zu mehr Absicherung und Transparenz.
- Wirtschaftskammer / Hotel- und Gastgewerbe: Erleichterung über die Rechtssicherheit, weil Nachforderungen damit reduziert werden sollen — gleichzeitig mahnen einige Unternehmen administrative Umstellungen an.
- Regierungsseiten / Parlamentskorrespondenz: Heben hervor, dass es sich um eine Kompromisslösung handelt: Trinkgeld bleibt steuerfrei, Sozialversicherungsbehandlung wird vereinfacht und vereinheitlicht.
6) Konkrete Handlungsempfehlungen für mein Blog-Publikum (Betriebe & Beschäftigte)
Für Gastronomiebetriebe / Personalverantwortliche
- Prüfe die Lohnverrechnung → setze ab Jänner 2026 die neuen Pauschalen um; kontaktiere deinen Lohnverrechner / Steuerberater.
- Dokumentiere Trinkgeldverteilungen weiter — die Pauschale schafft Rechtssicherheit, ersetzt aber nicht gute Abläufe.
- Kläre mit der Kassa/Elektronischen Zahlungssystemen, wie Trinkgelder künftig zugeordnet werden (Inkasso vs. kein Inkasso).
Für Servicemitarbeiter / Beschäftigte
- Lass dir erklären, wie dein Betrieb die Pauschale ansetzt (mit/ohne Inkasso).
- Bei Unklarheiten: Wende dich an die Gewerkschaft (z. B. vida/ÖGB) — dort gibt es branchenspezifische Informationen und Unterstützung.
7) Fazit
Die bundeseinheitliche Trinkgeldpauschale ist angeblich ein pragmatischer, politisch breit getragener Kompromiss: Er beseitigt regionale Ungleichheiten, schafft Rechtssicherheit für Betriebe und bringt mehr Transparenz für Beschäftigte. Kurzfristig steigen formell die Bemessungsgrundlagen für Sozialversicherung, langfristig kann es aber positive Effekte (z. B. auf Pensionsansprüche) geben. Ob die praktische Umsetzung reibungslos verläuft, hängt von den Details der Rechtsverordnung, den Übergangsbestimmungen und der Kommunikation an Betriebe und Mitarbeiter ab.
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Quellen (Auswahl)
- Parlamentskorrespondenz / Nationalrat: „Nationalrat beschließt Trinkgeld-Pauschalen…“ (Parlament.at).
- Wirtschaftskammer (WKO): Neue Trinkgeldpauschale bringt Rechtssicherheit für Betriebe.
- ÖGB / OTS-Meldungen: Analysen und Stellungnahmen zur Pauschale.
- Gewerkschaft vida: Erklärungen zur Neuregelung und Folgen für Beschäftigte.
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