
Philosophische Betrachtung über das Kochen im kleinen Kreis
Es ist ein merkwürdiges Phänomen, dass sich die Bedeutung des Kochens mit der Anzahl der Esser wandelt. Drei Teller auf dem Tisch – das ist fast schon Meditation. Fünf dagegen – das ist Logistik, Drama und hohe Kochkunst zugleich.
Wenn Irmgard, „unsere“ Haubenköchin, in der stillen Küche steht, so mag sie wirken wie eine Zen-Meisterin des Schmorens: ruhig, konzentriert, eins mit der Rahmsoße. Kein Wanken, kein Zögern, kein hektisches Suchen nach der Muskatreibe. Während wir Sterblichen noch überlegen, ob das Salz vielleicht „eine Prise zu viel“ sein könnte, weiß Irmgard bereits – das Salz ist nie zu viel, wenn es mit Liebe gestreut wird.
Heute also: Hähnchen in Rahmsoße. Eine Speise, so schlicht und doch so metaphysisch tief. Denn was ist die Rahmsoße anderes als die dialektische Versöhnung zwischen Tier und Pflanze, zwischen Herd und Herz? Dazu Bandnudeln – Symbol der ewigen Wiederkehr, endlos ineinander verschlungen wie das Denken selbst.
Und der grüne Salat – ach, dieser grüne Salat! – mit italienischen Kräutern, Radieschen und Mini-Mozzarella. Eine Ode an die Vielfalt des Daseins: mild trifft scharf, weich trifft knackig, alles verbunden im feinen Gleichgewicht der Vinaigrette.
Die Chefin lobt. Und der Philosoph-Koch lächelt bescheiden. Doch tief in seinem Innern fragt er sich:
Wird dieses Lob zum Paradox? Wird zu viel Anerkennung das kulinarische Streben lähmen?
Oder ist das wahre Ziel des Kochens nicht, gelobt zu werden, sondern sich im Akt des Schmorens selbst zu erkennen?
Vielleicht, ja vielleicht, kocht Irmgard deshalb so gelassen – weil sie längst verstanden hat, dass die Küche nur ein Spiegel des Lebens ist:
Man kann das Rezept lesen, aber schmecken muss man es
- - -

